
So stellst du Liebesbeziehungen authentisch und gesund im Roman dar
Von Romeo & Julia bis Heartstopper – Liebesgeschichten sind seit jeher ein beliebtes Motiv in der Kunst. Gut umgesetzt kann eine Liebesgeschichte – egal, ob als Haupt- oder Nebenhandlung – deine Leser*innen in die Geschichte ziehen, sie tief mitfühlen lassen und dafür sorgen, dass sie dein Buch gar nicht mehr aus der Hand legen können.
Doch wie gelingt es, eine Liebesgeschichte zu schreiben, die glaubhaft, spannend und authentisch ist? Genau das schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.
- Was macht eine gute Liebesgeschichte aus?
- Wie kann eine Lovestory deinen Roman bereichern?
- Wie kannst du Liebe im Roman realistisch darstellen?
- Worauf kannst du bei der Überarbeitung deiner Liebesgeschichte achten?
Disclaimer: Dieser Beitrag behandelt ausschließlich die Darstellung sogenannter „vollkommener Liebe“ (s. folgende Definition) im Roman. Der Fokus liegt auf der Frage, wie man diese Form der Liebe gesund und authentisch widerspiegeln kann. Weitere Formen der Liebe werden nicht behandelt, obwohl natürlich auch diese in Romanen dargestellt und behandelt werden dürfen und sollen.
Also, was macht eine gute Liebesgeschichte aus?
Große Gesten, verliebte Blicke, gegenseitige Aufopferung – was macht eine gute Liebesgeschichte wirklich aus? 1986 etwickelte der Psychologe Robert J. Sternberg die sogenannte „Dreieckstheorie”, laut der vollkommene Liebe sich aus drei verschiedenen Komponenten zusammensetzt:
- Intimität: Vertrauen, Empathie und emotionale Nähe.
- Leidenschaft: Attraktion, Energie und Begeisterung füreinander.
- Verbindlichkeit: Der bewusste Entschluss, die Beziehung langfristig aufrechtzuerhalten.
Nur, wenn jede dieser drei Komponenten in einer Beziehung vorhanden ist, kann nach Sternberg von Liebe gesprochen werden. Fehlen eine oder zwei der Komponenten, so ist die bestehende Beziehung nicht als Liebe, sondern als Gernhaben, Vernarrtheit, leere Liebe, romantische Liebe, kameradschaftliche Liebe oder verblendete Liebe einzuordnen.
Du siehst schon, romantische Liebe bedeutet mehr als tiefe Blicke, Sex oder dramatische Liebesgeständnisse. Intimität, Leidenschaft und Verbindlichkeit müssen gleichermaßen vorhanden sein, um eine gute romantische Beziehung darzustellen. Wie genau diese drei Aspekte in einer Beziehung ausgestaltet sind, hängt natürlich sehr stark von den Figuren ab. Das ist aber auch das Schöne an Liebesgeschichten: Es gibt unendliche Möglichkeiten, romantische Liebe zu zeigen und diese sind so vielfältig wie die Liebenden selbst.
Wie kann eine Lovestory deinen Roman bereichern?
Liebesgeschichten sind genauso vielfältig und divers wie die Figuren deines Romans. Damit zeigt sich auch schon die erste große Chance, die die Einbindung einer Lovestory in deinen Roman bietet: Eine starke Liebesgeschichte kann neue Facetten deiner Figuren aufzeigen, ihre Charakterisierung vertiefen und deine Leser*innen emotional binden. Wenn Leser*innen mit deinen Figuren mitfiebern, weinen oder lachen, bleiben sie länger in der Geschichte – und erinnern sich später daran. Darüber hinaus kannst du mit deinen Geschichten auch ein positives Vorbild schaffen, indem du gesunde, einvernehmliche Beziehungen darstellst.
Wie kannst du Liebe im Roman realistisch darstellen?
Liebesgeschichten können also – egal, ob als Haupthandlung oder Subplot – deine Geschichte sehr bereichern. Aber: Wie genau stellt man denn jetzt eine Liebesgeschichte gut dar? Wie oben schon gesagt, gehören drei Akspekte zur romantischen Liebe. Die Ausgestaltung dieser hängt aber ganz stark von den Charakteren ab und kann deshalb ganz unterschiedlich aussehen. Zehn Grundlagen sollte eine Liebesgeschichte aber in jedem Fall erfüllen.
1. Respekt und Konsens als Grundlage
Gib deinen Figuren die Chance, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Haben sie verschiedene Einstellungen oder Weltanschauungen, sollten sie diese ausdiskutieren können, ohne die Sichtweise der anderen Person(en) abzuwerten. Ein großes Machtgefälle oder eine Anhängigkeit einer Seite von der anderen kann hier im Weg stehen.
Genauso wichtig ist der Konsens aller Personen. Ob es um eine Berührung, einen Kuss oder vielleicht sogar Sex geht, das Einverständnis beider Partner*innen ist extrem wichtig. Außerdem kann eine kurze Frage wie „Darf ich dich küssen?“ oder „Willst du …“ eine Szene nicht nur romantischer machen, sondern sendet auch ein wichtiges Signal für gesunde Beziehungen.
Achte darauf, dass alle Partner*innen sich mit Respekt begegnen, nicht nur auf einer sexuellen Ebene, sondern auch als Personen.
2. Individualität bewahren
Nichts ist schlimmer als Charaktere, die sich im Laufe ihrer Beziehung zu einer einzigen Person entwickeln, zu allem dieselben Anschauungen und Herangehensweisen haben. Schließlich sind es Unterschiede, andere Perspektiven und Weltanschauungen, durch die sich Menschen und Beziehungen erst entwickeln. Zeige, dass alle Partner*innen eigenständige Persönlichkeiten sind, die sich ergänzen, sich vielleicht auch mal herausfordern und sich vor allem durch die andere(n) Person(en) entwickeln.
3. Gemeinsame Interessen
Genau so wichtig wie eine individuelle Persönlichkeit der Partner*innen sind die geteilten Interessen in einer Beziehung. Abgesehen von Dates oder aufregenden Abenteuern sollte es auch im Alltag Dinge geben, die die Partner*innen verbinden. Schauen sie gern schlechte Filme oder teilen sie eine Leidenschaft fürs Kochen? Gibt es ein Videospiel oder eine Buch, was sie immer wieder referenzieren? Setzen sie sich gern für andere ein? Was immer deine Figuren verbindet, du solltest sicherstellen, dass ihre Verbindung auf mehr als dem Aussehen oder Besitz basiert.
4. Freundschaft als Basis
Aus gemeinsamen Interessen und Respekt füreinander entsteht nicht selten Freundschaft. Insider-Witze, das Anvertrauen von Ängsten, Sorgen und Geheimnissen oder auch einfach das gemeinsame Lachen – viele der Aspekte einer romantischen Liebe sind auch in einer guten Freundschaft zu finden. Deshalb sind meist Freundschaft-zu-Liebe-Plots auch wesentlich glaubwürdiger als Beziehungen, in denen sich die Partner*innen vorher kaum kennen oder sogar hassen. Frage dich also, ob deine Figuren auch gute Freund*innen wären. Ob es vielleicht einige freundschaftliche Aspekte gibt, die du in deiner Geschichte zu hervorheben könntest, um die Beziehung authentischer zu gestalten.
5. Kommunikation
Wenn deine Charaktere nicht miteinander sprechen können, wenn sie Meinungsverschiedenheiten nicht ausdiskutieren oder allgemein kaum ein richtiges Gespräch führen, dann fehlt die Grundlage für eine gute Beziehung. Deshalb ist Kommunikation auch in literarischen Liebesgeschichten das A und O.
6. Intimität
Intimität geht weit über körperliche Nähe und Sex hinaus. Sie hat etwas mit gegenseitigem Vertrauen und dem Gefühl von Sicherheit zu tun, damit, dass man Wünsche und Bedürfnisse teilen kann. Wenn du zwischen deinen Charakteren also echte Intimität darstellen willst, genügt eine Sex-Szene leider nicht (ist aber eben deswegen auch nicht zwingend nötig). Zeige stattdessen oder mindestens zusätzlich dazu, wie sich deine Charaktere einander emotional öffnen, sich verletzlich machen und prägende Erinnerungen, Geheimnisse oder tiefe Wünsche miteinander teilen.
7. Kleine Gesten statt großer Dramatik
Genauso wie Intimität mehr als Sex-Szenen braucht, baut eine authentische Liebesgeschichte nicht auf opulenten Dates oder dramatischen Gefühlsgeständnissen auf. Eine beiläufige Berührung, ein geteiltes Lächeln oder eine kleine, intime Geste haben genauso viel Gewicht. Versuche, im Lauf deiner Geschichte darauf zu achten, diese Details einzustreuen und zeige, wie sich der Umgang deiner Charaktere miteinander verändert. Wie aufregende erste Berührungen später Vertrauen und Sicherheit hervorrufen. Wie kleine, aufmerksame Geschenke oder Gesten sich zu Fürsorge entwickeln. Wie aus einem ersten geteilten Lächeln ein geteiltes Interesse und geteilte Zeit entsteht.
8. Konflikte und Hindernisse
Keine Liebesgeschichte kommt ganz ohne Hürden aus. Wie jede andere Geschichte braucht auch ein Liebes-Plot Konflikt – sei es durch äußere Umstände, innere Unsicherheiten oder gesellschaftliche Vorurteile. Gib deinen Figuren einen Grund, sich mit sich selbst, ihrem Umfeld und/oder der Welt, in der sie leben, auseinanderzusetzen. Egal, ob es um die Angst vor dem Coming-Out, die Unsicherheit über die eigene Sexualität, Vorurteile des Umfelds oder die Überwindung gesellschaftlicher Grenzen geht, Hindernisse machen Liebesgeschichten spannender und realistischer und lassen deine Leser*innen mitfiebern.
9. Dynamik & Veränderung
Keine Beziehung ist statisch und je besser sich die Charaktere kennenlernen, desto tiefer wird ihre Verbindung und desto klarer zeigen sich auch eventuelle Konflikte und Probleme. Zudem sollten sich in der Geschichte ja auch beide Charaktere individuell weiterentwickeln, was wiederum die Beziehung beeinflussen wird. Achte darauf, dass du diese Veränderungen spiegelst. Über welche Themen diskutieren deine Charaktere am Anfang, worüber später in der Geschichte? Hat Figur A etwas gelernt, was sich auf die Beziehung zu Figur B auswirkt? Wenn ja, woran sieht man das?
10. Das Umfeld
Beziehungen existieren nicht in einem Vakuum. Lass Freund*innen, Familie und das soziale Umfeld deiner Charaktere eine Rolle spielen. Das Umfeld kann nicht nur als Spiegel für die Beziehung dienen, sondern auch zusätzliche Konflikte oder Unterstützung bieten. Wie verändern sich die Beziehungen deiner Charaktere zu ihrem jeweiligen Umfeld, wenn sich die Beziehung entwickelt? Gibt es Gegner*innen oder Unterstützer*innen? Wie nimmt das Umfeld die neue Person auf, entstehen neue Freundschaften?
Anhand dieser zehn Aspekte kannst du beim Plotten deines Romans bereits eine gute Grundlage für eine realistische Lovestory schaffen. Wenn deine Liebesgeschichte bereits geschrieben ist, kannst du sie natürlich auch zur Überprüfung nutzen. Zudem gibt es einige Aspekte, auf die du speziell bei der Überarbeitung achten solltest, um sicherzustellen, dass deine Liebesgeschichte gut umgesetzt ist.
Worauf kannst du bei der Überarbeitung deiner Liebesgeschichte achten?
Dein Manuskript ist geschrieben und du möchtest prüfen, ob deine Liebesgeschichte auch authentisch und unproblematisch dargestellt ist? Dazu habe ich ein paar Fragen zusammengestellt, die dir eventuelle Verbesserungpunkte deiner Geschichte aufzeigen können:
- Gibt es ein relevantes Machtgefälle zwischen den Partner*innen? Sind sie z.B. Chef*in/Angestellte*r, Hauptverdiener*in/Care-Arbeiter*in, unabhängig/abhängig voneinander? Wenn ja, wie gehen die Figuren damit um? Nutzt eine*r der Partner*innen die Macht, um die andere(n) Person(en) zu beeinflussen? Oder wird aktiv daran gearbeitet, eine gleichberechtigte Beziehung auf Augenhöhe aufzubauen?
- Ist die Chemie zwischen den Charakteren nachvollziehbar? Haben sie eine Verbindung, die über oberflächliche Attraktion hinausgeht? Gibt es Szenen, in denen gemeinsame Interessen oder Werte deutlich werden? Diskutieren sie Meinungsveschiedenheiten respektvoll aus?
- Bleiben die Figuren konsistent? Deine Figuren sollten sich zwar entwickeln, aber ihre Handlungen müssen mit ihrer Persönlichkeit übereinstimmen. Das heißt, eine Figur, die am Anfang eine Bindungsangst hat, wird nicht nach drei Monaten Beziehung heiraten. Oder einer Figur, der die Meinung ihrer Familie wichtig ist, wird es nicht leichtfallen, eine Beziehung einzugehen, die das Umfeld kritisiert. Prüfe, wie du deine Figuren am Anfang darstellst und ob diese Charakterzüge auch am Ende noch vorhanden sind oder sich nachvollziehbar weiterentwickelt haben.
- Kommen Klischees zum Einsatz? Tropes wie „Enemies to Lovers“ können spannend sein, wirken aber abgedroschen, wenn sie ohne frischen Twist verwendet werden. Was macht deine Version einzigartig? Wie kannst du das Trope mit den Aspekten einer guten romantischen Beziehung vereinbaren?
- Ist die Balance zwischen Konflikt und Harmonie stimmig? Eine Beziehung ohne Hindernisse ist langweilig, aber ständige Dramen können die Leser*innen ermüden und lassen auf tiefgreifendere Probleme in der Beziehung schließen. Wenn deine Figuren fast nur streiten, solltest du dich fragen, ob sie wirklich gemeinsame Werte teilen und einander respektieren, also ob du wirklich eine romantische Beziehung darstellst.
- Nutzt du sensible und gewaltfreie Sprache? Gerade, um Respekt und Konsens auszudrücken, braucht es eine sensible und gewaltfreie Sprache. Natürlich hängt die Verwendung dieser Sprache stark von deinen Figuren ab, gerade, wenn aus einer personalen Perspektive oder mithilfe eines Ich-Erzählers berichtet wird.
Denn: Eine Figur in einem Buch darf sich durchaus problematisch verhalten und auch so sprechen. Allerdings sollte dieses Verhalten nicht normalisiert werden, indem es sich durch das ganze Buch zieht. Stattdessen sollte dieses problematische Verhalten nur vorkommen, wenn es für den Plot und die Entwicklung der Figuren relevant ist und dann ist es wichtig, dass in diesem Zuge das Verhalten eingeordnet wird.
Beispielsweise darf eine Figur, die selbst homosexuell ist, sich dies aber nicht eingestehen möchte, zu Anfang durchaus abwertend über Homosexuelle sprechen (auch, um ihre Ängste zu spiegeln), sollte dann aber im Laufe des Romans und der Beziehung eine Entwicklung durchlaufen, die dieses Bild revidiert und die Sichtweise vom Anfang als problematisch einordnet.
Falls du dir nicht sicher bist, ob du in deinen Darstellungen sensible und gewaltfreie Sprache nutzt, hole dir Feedback, am allerbesten von speziell qualifizierten Sensitivity-Leser*innen.
Wie immer bei der Überarbeitung eines Manuskripts: Wo du dir unsicher bist, helfen dir Testleser*innen. Wenn du eine der Fragen nicht mit voller Überzeugung beantworten kannst (oder selbst wenn), leg deinen Text ein paar Freiwilligen (idealerweise aus deiner Zielgruppe) vor und schaue, wie sie die Liebesgeschichte auffassen, was ihnen gefällt, aber auch, was ihnen auffällt.
Eine authentische Liebesgeschichte? Mehr Tiefe für deinen Roman.
Gut umgesetzt kann eine Liebesgeschichte deinen Figuren mehr Tiefe verleihen und Leser*innen mitfiebern lassen. Achte bei der Planung und Überarbeitung deiner Geschichte darauf, die verschiedenen Aspekte romantischer Liebe gleichwertig einfließen zu lassen, ohne auf Stereotype oder Klischees zurückzufallen – und hole dir eine zweite Meinung von Testleser*innen. Dann kannst du sicher sein, dass deine Liebesgeschichte nicht nur berührt und bewegt, sondern auch dabei hilft, ein gesundes Bild von romantischen Beziehungen zu vermitteln.
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Liebesgeschichte in der Schublade?
Dort muss sie nicht bleiben. Gemeinsam schauen wir uns deine Ideen an und machen daraus eine Liebesgeschichte, die Leser*innen bewegt. Egal, ob als Schreibbegleiterin von Beginn an oder als Lektorin für dein fertiges Manuskript – ich helfe dir, aus deiner Liebesgeschichte einen authentischen, spannenden und menschlichen Roman zu zaubern. Erzähle mir einfach in einer kurzen Nachricht von deinem Projekt und deinen Wünschen an mich. Ich freue mich, von dir zu hören!