Beitragsbild zum Blogbeitrag "Die häufigsten Fehler im Belletristik-Manuskript und wie du sie vermeidest".

Wie du häufige Fehler vermeidest und ein wirklich gutes Buch schreibst

Eine Geschichte zu schreiben, egal ob eine Kurzgeschichte oder einen ganzes Buch, ist ein wundervolles Projekt, bei dem du viel lernen wirst. Dazu gehört auch, manchmal Fehler zu machen – das ist okay! Als ich damals meinen ersten Roman geschrieben habe, habe ich so ziemlich jeden der Fehler gemacht, die ich in diesem Beitrag anspreche. Aber weißt du was? Im Nachhinein war das gar keine so schlechte Sache, denn dadurch hatte ich ein ganz konkretes Projekt, an dem ich lernen konnte. Rückblickend haben meine ersten beiden Romane mir so viel über das Schreibhandwerk beigebracht wie es kein Ratgeber und kein Blog allein gekonnt hätte. Und das Beste daran? Ich kann typische Fehler in Romanen jetzt nicht nur identifizieren, sondern weiß auch, wie man sie ausbessert.

In diesem Beitrag zeige ich dir die typischen Stolperfallen beim Schreiben eines Belletristik-Manuskripts und gebe dir Tipps, wie du sie gekonnt umgehst.

  1. Übererklärungen & Info-Dumping
  2. Flache oder unglaubhafte Charaktere
  3. Unstimmige Erzählperspektive
  4. Zu viele Klischees
  5. Hölzerne oder unrealistische Dialoge
  6. Zu viele Füllwörter und unnötige Details

1. Übererklärungen & Info-Dumping

Einer der Fehler, der mir im Lektorat immer wieder unterkommt, ist das Übererklären. Klar willst du, dass deine Leser*innen alles verstehen – sei es die supercoole Welt, die du dir ausgedacht hast oder die Gründe, warum Charakter A Charakter B nicht mag oder warum sich Charakter C entschieden hat, an diesem Tag Latte Macchiato statt Filterkaffee zu trinken. Aber denk daran: Deine Leser*innen wollen auch mitdenken, vielleicht sogar miträsteln. Sie wollen an der Seite deiner Figuren die Welt und die Geschichte entdecken.

Wenn du jeden Gedanken und jedes Gefühl deiner Figuren detailliert beschreibst, kann das schnell die Spannung aus deiner Geschichte nehmen. Und im schlimmsten Fall fühlen sich deine Leser*innen bevormundet, weil du ihnen jeden Eindruck der Figuren und Handlungsorte und jede Enthüllung über den Plot vorkaust.

Versteh mich nicht falsch, es ist wichtig, dass du all diese Dinge weißt. Und es ist super, wenn du dir beim Plotten und Worldbuilding all diese Informationen zusammengesucht und aufgeschrieben hast. Das heißt aber nicht, dass du sie alle in deinem Roman verwenden musst. Viele von den Dingen, die du über deine Charaktere weißt, sind für die Handlung vielleicht gar nicht relevant.

So machst du es besser: Gehe deinen Text durch und prüfe ihn auf längere Absätze mit Erklärungen, sowohl im Erzähltext als auch im Dialog. Frage dich, ob deine Leser*innen die Informationen wirklich brauchen, um den Text zu verstehen, und falls ja, ob sie sie auch wirklich zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte brauchen. Streiche alles, was nicht zwingend nötig ist, um die jeweilige Szene zu verstehen.

Und zuguterletzt: Vertraue darauf, dass deine Leser*innen schlaue Köpfe sind und auch subtilere Hinweise verstehen. Zeige, anstatt zu erklären (wo es sich anbietet). Lass die Handlungen und Dialoge deiner Figuren für sich sprechen.

2. Flache oder unglaubhafte Charaktere

Charaktere sind das Herzstück deines Romans. Wenn sie aber flach und eindimensional wirken oder ganz und gar unglaubhaft handeln, kann das deine Leser*innen schnell enttäuschen. Niemand möchte eine Geschichte lesen, in der die Figuren wie aus Pappe wirken.

So machst du es besser: Gib deinen Charakteren Tiefe, indem du ihnen Schwächen, Stärken und eine Hintergrundgeschichte gibst. Verleihe ihnen spezielle Angewohnheiten und Vorlieben. Lerne deine Charaktere gut kennen und mach dir selbst ein umfassendes Bild von ihnen. Ich persönlich erstelle mir dazu gern einen kleinen Charakterbogen (dazu gibt es online unzählige Vorlagen, aber ich werde demnächst auch meine in einem Blogartikel teilen) und schreibe eine Interview-Szene, um ein Gefühl für die Person zu bekommen. Je nach deinen Bedürfnissen, kann dein Prozess aber auch ganz anders aussehen und andere Hilfsmittel beinhalten. Wichtig ist, dass du am Ende weißt, wer deine Charaktere sind, was sie antreibt und wovon sie träumen, aber auch, wovor sie Angst haben. Dieses Wissen brauchst du, um deine Charaktere vor Herausforderungen zu stellen und sie wachsen zu lassen.

Wenn dein Manuskript bereits geschrieben ist, kannst du daraus einen Charakterbogen zu jeder Hauptfigur erstellen. Schaue dir das Verhalten deiner Charaktere an und hinterfrage es. Trifft die Figur Entscheidungen, die ihre Werte, Ziele und Ängste spiegeln? Lässt sie sich anmerken, was sie bewegt? Passen die Erklärungen und Dialoge zu deinen Charakteren? Markiere dir alle Stellen, wo irgendetwas unschlüssig ist oder deine Charaktere widersprüchlich handeln. Wenn du dir unsicher bist, frag Testleser*innen oder eine*n Lektor*in nach einer zweiten Meinung.

3. Unstimmige Erzählperspektive

Auch ein Fehler, der mir im Lektorat immer wieder begegnet: die Erzählperspektive wechselt innerhalb einer Szene. Da kann es schon mal passieren, dass man als Leser*in in einem Satz die Gedanken und Gefühle der Protagonistin liest und im nächsten plötzlich durch die Augen des Gegenspielers blickt. Oder dass Charaktere Dinge wissen, die sie eigentlich gar nicht wissen dürften. Oder dass Handlungen von außen kommentiert werden, obwohl wir eigentlich gerade einer personalen Erzählperson folgen.

Das Problem an der Sache: Als Leser*in befinde ich mich im Kopfkino. Stell dir die verschiedenen Erzählperspektiven vor wie die Kameraperspektiven eines Films. In der Ich-Perspektive stecken wir im Kopf der Protagonist*innen, blicken wir durch ihre Augen, sehen wir, was sie sehen. In der personalen Perspektive hingegen würden wir im Film die Person zwar von außen sehen, aber trotzdem ihren Blickwinkel auf die Welt teilen (ihr sozusagen über die Schulter blicken). Und in der auktorialen Perspektive würden wir alle Figuren sehen, aber ebenfalls nur von außen, ohne die Welt aus ihrem Blickwinkel wahrzunehmen.

Wechselst du nun innerhalb einer Szene die Erzählperspektive, unterbrichst du das Kopfkino. Leser*innen haben das Gefühl, zwischen den Köpfen der Figuren hin- und herzuwechseln und kommen am Ende womöglich ganz durcheinander, in wessen Kopf sie gerade eigentlich stecken. Indem sie ständig aus den Figuren herausgerissen werden, machst du es ihnen schwer, mit deinen Charakteren mitzufiebern. Die Folge ist Frustration.

So machst du es besser: Entscheide dich für eine Perspektive und stelle dir deine Szene als Filmszene vor. Prüfe, ob du einen einheitlichen Blickwinkel beibehältst. Überarbeite die Stellen, an denen du selbst aus dem Kopfkino rutschst. Streiche alle Erklärungen, Gedanken und Dialogschnipsel, die die Erzählperson nicht wissen kann oder nicht sagen würde.

4. Zu viele Klischees

Klischees sind wie Fast Food: schnell und bequem, aber meist fad. Ob der Bad Boy mit der schweren Vergangenheit und dem soften Herz oder die unscheinbare Protagonistin, die plötzlich zur Heldin wird (übrigens beides Klischees, die ich auch in meinem ersten Roman verwendet habe :D) – deine Leser*innen kennen diese Charaktere bereits zur Genüge. Genauso gibt es unzählige Geschichten, die dieselben Tropes nutzen. Versteh mich nicht falsch, Klischees und Tropes sind nicht das ultimativ Böse und ich will dir auf gar keinen Fall verbieten, sie zu nutzen. Allerdings kann es schnell langweilig für Leser*innen werden, wenn sie das Gefühl haben, sie lesen einfach nur einen Abklatsch einer anderen Geschichte.

So machst du es besser: Wenn du ein Buch schreiben möchtest, das deinen Leser*innen in Erinnerung bleibt, brauchst du eine einzigartige Note. Entscheide dich ganz bewusst, welche Klischees und Tropes du einsetzen willst und hinterfrage ihre Funktion für die Story. Muss das Mauerblümchen ein Mauerblümchen sein, um die Welt zu retten? Braucht dein Hauptcharakter eine düstere Vergangenheit, um zu funktionieren?

Spiele im nächsten Schritt mit den Klischees und Tropes, die du wählst, anstatt sie einfach nur wiederzugeben. Was, wenn sich das Mauerblümchen nicht für den Bad Boy, sondern das quirky Girl von nebenan entscheidet? Wenn die Auserwählte nicht jung und stark, sondern eine Großmutter ist, die nach jeder Mission ihre Gelenke mit Voltaren einreiben muss? Du weißt, was deine Leser*innen bei einem Klischee erwarten. Führ sie in die Irre, wähle andere Abzweigungen und verwandle deine Geschichte dadurch in ein fesselndes Buch.

5. Hölzerne oder unrealistische Dialoge

Eine weitere Baustelle, die mir in Manuskripten oft auffällt, sind die Dialoge. Nachdem wir das Info-Dumping im Erzähltext vermieden haben, passiert es oft, dass genau diese Infos stattdessen in den Dialog eingestreut werden. Und so hat Charakter A plötzlich einen Bandwurmsatz im Skript, mit dem er im echten Leben locker fünf Minuten beschäftigt wäre, während Charakter B eigentlich nie etwas Spannendes zur Unterhaltung beiträgt.

So machst du es besser: Wie du gute und authentische Dialoge schreibst, erkläre ich ganz ausführlich in diesem Blogartikel. Am besten, du achtest verstärkt auf die Gespräche, die du im Alltag führst und auf die der Menschen um dich herum. Prüfe deine Dialoge zudem auf Bandwurmsätze, Infodumping (z.B. ein*e Fotograf*in erklärt eine*r anderen Fotograf*in, wie man eine Belichtungszeit einstellt > unrealistisch & offensichtlich nur dazu da, um Leser*innen den Sachverhalt zu erklären) und das Durchscheinen deiner Autor*innenstimme (z.B. ein konservativer Politiker gendert plötzlich, weil dir als Autor*in das wichtig ist). Kürze oder überarbeite diese Stellen.

6. Zu viele Füllwörter und unnötige Details

Besonders, wenn du gerade dein erstes Buch schreibst, möchtest du dein Sprachtalent präsentieren. Klar, sehr wahrscheinlich liebst du Worte und sprachliche Bilder und möchtest ganz viel davon in deinem Text zeigen. Das ging mir am Anfang genauso. Doch zu viele schöne Worte und blumige Beschreibungen blähen deinen Text auf. Füllwörter nehmen die Spannung aus deiner Geschichte und machen es schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

So machst du es besser: Um Füllwörter zu finden, kannst du deinen Text ganz einfach durch ein passendes Tool wie beispielsweise der Duden Mentor oder das BlaBlaMeter analysieren lassen. Ersteres zeigt dir neben Füllwörtern sogar Stilfehler wie zu lange Sätze, falsch angewendete Redewendungen und Rechtschreib– und Grammatikfehler. Gehe die Problemstellen deines Textes durch und streiche alles, was für das Verständnis und die Bedeutung deiner Sätze nicht zwingend notwendig ist.

Um unnötige Details und blumige Beschreibungen zu identifizieren, gehst du deine Sätze anschließend auf ähnliche Art durch, wie zuvor bei der Prüfung auf Infodump. Frage dich immer, ob dieses oder jenes Detail wirklich wichtig für die Szene ist. Im Zweifelsfall: Streichen und testen, ob ohne das Detail etwas fehlt.

Ein Buch zu schreiben ist ein kreativer Prozess, bei dem Fehler unvermeidlich sind. Aber keine Sorge – mit etwas Übung und Bewusstsein kannst du diese typischen Stolperfallen umgehen und eine starke Geschichte verfassen. Dein Buch wird dadurch nicht nur besser lesbar, sondern hinterlässt auch einen bleibenden Eindruck bei deinen Leser*innen. Also, stürz dich ins Schreiben und vergiss nicht: Jeder Fehler ist eine Chance, besser zu werden!


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Annalena Rauh am Schreibtisch, lächelt in die Kamera, im Hintergrund der Arbeitsplatz mit Laptop und Pflanzen.
© Annalena Rauh, 2024