
Dialoge, die überzeugen: Wie du natürliche und fesselnde Gespräche schreibst
Dialoge sind das Herzstück vieler literarischer Werke. Sie verleihen den Charakteren Tiefe, treiben die Handlung voran und schaffen eine Verbindung zu den Leser*innen. Doch das Schreiben natürlicher und fesselnder Gespräche ist eine Kunst für sich. In diesem Artikel erfährst du, wie du Dialoge schreibst, die überzeugen.
Oder springe direkt zu deinem Wunschkapitel:
- Warum sind Dialoge wichtig?
- Was macht einen guten Dialog aus?
- Tipps für natürliche Dialoge
- Beispiel für einen überzeugenden Dialog
- Fazit
Warum sind Dialoge wichtig?
Aber von vorn: Warum genau braucht eine gute Geschichte eigentlich Dialoge?
Dialoge erfüllen in der Belletristik gleich zwei wichtige Funktionen:
- Charakterentwicklung: Durch Gespräche offenbaren Figuren ihre Persönlichkeit, ihre Ziele und ihre Emotionen. Es geht nicht nur darum, was eine Figur sagt, sondern auch wie sie es sagt, was sie nicht sagt und wie sie sich dabei verhält. Gerade durch die Nebenhandlungen kannst du ganz wunderbar kleine Eigenheiten und Angewohnheiten einbauen und so deiner Figur mehr Tiefe verleihen. Ist die Figur nervös und spielt in einem Gespräch oft mit dem Saum ihrer Kleidung? Tendiert sie dazu, schnell wütend zu werden? Was tut die Person, während sie spricht? Wie verändert sich die Körperhaltung im Laufe des Dialogs? All das gibt viel zu deiner Figur preis und hilft Leser*innen, sich ein umfassendes Bild von ihr zu machen.
- Handlungsfortschritt: Dialoge können wichtige Informationen liefern und die Handlung vorantreiben. Gerade Schlüsselinformationen solltest du lieber anhand eines Dialogs „zeigen„, anstatt sie deinen Leser*innen nur zu erzählen. Dadurch erleben deine Leser*innen gemeinsam mit deinen Protagonist*innen die Emotionen, die neue Informationen aufwerfen. Konflikte werden nicht nur geschildert, sondern offen in Form eines Gesprächs gezeigt, sodass Leser*innen sich in eine oder gar beide Seiten hineinversetzen können.
Was macht einen guten Dialog aus?
Sicher ist dir auch schon mal ein Text begegnet, in dem dich der Dialog so gar nicht gepackt hat. Vielleicht diskutieren die Figuren eine ganze Seite lang einen Termin aus, der für die Handlung jedoch gar nicht relevant ist. Oder die Protagonist*innen sind derselben Meinung und geben sich Satz um Satz gegenseitig recht. Solche Dialoge können sich schnell hinziehen und deinen Leser*innen die Freude am Text verderben. Deshalb solltest du jeden deiner Dialoge darauf prüfen, ob er diese drei Kriterien erfüllt:
1. Natürlichkeit
Dialoge sollten so klingen, als könnten sie im echten Leben stattfinden. Das bedeutet vor allem:
- Keine langen Schachtelsätze: Wenn ein Satz deines Dialogs mehr als zwei Zeilen lang ist, teile ihn auf. In der natürlichen Sprache nutzt man häufig nur einfache Satzkonstruktionen. Arbeite also lieber mit Hauptsätzen oder Konstruktionen mit nur einem Nebensatz.
- Präsens und Perfekt: Während in der Erzählsprache oft das Präteritum und als Vergangenheitsform das Plusquamperfekt verwendet werden, empfiehlt sich im Dialog eine Kombination aus Präsens und Perfekt, zum Beispiel: „Ich muss nochmal in den Supermarkt. Gestern habe ich leider die Tomaten vergessen“.
Eine Ausnahme bildet das Verb „sein“. Hier darfst du im Dialog auf die Präteritums-Form „war“ zurückgreifen, da das Verb einfach sehr häufig genutzt wird und die Perfekt-Form den Dialog aufblähen würde. Zum Beispiel ist „Ich war gestern einkaufen, aber ich habe die Tomaten vergessen.“ kürzer und natürlicher als „Ich bin gestern einkaufen gewesen, aber ich habe die Tomaten vergessen“. - Sprechpausen einbauen und nutzen: Wenn wörtliche Rede auf wörtliche Rede folgt, hast du ein Drehbuch, aber keinen Roman. Das Schöne an einem belletristischen Text ist ja, dass du auch Erzählteile nutzen darfst. Gerade im Dialog macht das Durchsetzen der wörtlichen Rede Sinn, denn so kannst du Nebenhandlungen einbauen und Eigenheiten deiner Figuren zeigen, Gedankengänge ausführen oder Mimik und Gestik beschreiben. In spannenden Abschnitten macht es zwar durchaus Sinn, den Informationsfluss nicht durch unnötig lange Beschreibungen zu unterbrechen, aber selbst hier helfen kleine Details dabei, deinen Leser*innen ein umfassenderes Bild zu vermitteln.
2. Individualität
Jede Figur sollte eine eigene Stimme haben, die zu ihrer Persönlichkeit passt. Es gibt zahlreiche Aspekte, die die Art beeinflussen, wie deine Figuren sprechen. Im Folgenden habe ich mal etwas aufgegliedert, welcher Aspekt eines Dialogs durch welche Hintergrundinformationen beeinflusst werden kann:
- Wortwahl und Satzbau: In welchem Umfeld sind deine Figuren aufgewachsen und in welchem Umfeld bewegen sie sich heute (Büro/Geschäftsessen vs. Treffen mit alten Freunden)? Welchen Bildungsgrad haben sie? Sind sie Muttersprachler*innen oder lernen sie die Sprache gerade? Haben sie Lieblingswörter oder -ausdrücke?
- Inquits und Verhalten beim Sprechen: Sind deine Figuren ruhig und bedacht, machen sie viele Sprechpausen? Oder sind sie aufbrausend, schneiden anderen auch gerne mal das Wort ab? Ballen sie die Fäuste, wenn sie etwas wütend macht oder vermeiden sie Blickkontakt? Sprechen sie schneller, wenn sie aufgeregt sind?
- Subtext: Sagen deine Figuren gerne direkt, was sie meinen? Oder lassen sie andere lieber raten, machen passiv-aggressive oder sarkastische Bemerkungen?
3. Relevanz
Zuguterletzt sollte jeder Dialog natürlich einen Zweck erfüllen und die Geschichte voranbringen. Wie eingangs schon gesagt, kann es für Leser*innen schnell frustrierend werden, wenn sie sich durch seitenweise unwichtiges Geplänkel wühlen müssen, um die für die Geschichte wichtigen Informationen herauszufiltern. Ob ein Dialog wirklich relevant ist, kannst du am einfachsten prüfen, indem du ihn streichst. Falls er wichtige Informationen enthalten hat, wird dir schnell auffallen, dass etwas fehlt. Aber auch dann solltest du noch einmal hinterfragen, ob es den gesamten Dialog braucht oder vielleicht nur einen Teil. Womöglich ist die Information nur nebensächlich und kann auch in einem kurzen Erzählteil wiedergegeben werden.
Tipps für natürliche Dialoge
Du weißt, dass deinem Dialog noch irgendetwas fehlt, aber du hast keine Ahnung, was? Dann habe ich noch ein paar ganz konkrete Tipps, wie du deinen Dialog aufpolieren kannst.
1. Höre auf echte Gespräche
Beobachte, wie Menschen im Alltag miteinander sprechen. Achte auf ihre Wortwahl, ihre Satzstruktur und ihre Körpersprache. Notiere dir interessante Gesprächsfetzen und versuche, diese in deine Dialoge einzubauen.
2. Baue Konflikte ein
Konflikte sind das Salz in der Suppe jeder Geschichte. Lass deine Figuren unterschiedliche Meinungen vertreten und in ihren Gesprächen aneinander geraten. Das sorgt für Spannung und treibt die Handlung voran.
3. Verwende Subtext
Oft sagen Figuren nicht direkt, was sie denken oder fühlen. Wie oft passiert es dir selbst, dass du auf die Frage, wie es dir geht, mit „gut“ antwortest, obwohl dich vielleicht gerade vieles bewegt? Lass deine Figuren durch Andeutungen und zwischen den Zeilen sprechen. Subtext macht Dialoge interessanter und vielschichtiger.
4. Kürze deine Dialoge
Lange Dialoge ohne viel Gehalt frustrieren Leser*innen schnell. Kürze deine Gespräche auf das Wesentliche und vermeide unnötige Wiederholungen. Prägnante Dialoge sind oft kraftvoller und einprägsamer.
5. Verwende Inquits sparsam
Während es in Schulaufsätzen oft noch darum ging, zu zeigen, wie viele Synonyme für das allgegenwärtige „sagte“ oder „fragte“ man verwendet, benötigt ein Roman oft viel weniger (vielfältige) Inquits. Oft ist ein vor- oder nachgestellter Erzählsatz sogar ausdrucksstärker.
6. Nutze Dialekte und Akzente sparsam
Ein bisschen Dialekt oder ein Akzent kann einer Figur Tiefe verleihen, aber übertreibe es nicht. Zu viel davon kann schwer zu lesen sein und Leser*innen aus der Geschichte reißen.
Beispiel für einen überzeugenden Dialog
Im Folgenden habe ich aus einem meiner Projekte mal einen Dialog hervorgewühlt und bewusst so viele Problemstellen wie möglich eingebaut. Im Folgenden kannst du sehen, wie ein*e Lektor*in einen solchen Textteil prüfen würde und welchen Unterschied schon ein paar wenige Tricks und Kniffe in der Gestaltung eines Dialogs machen können.
Erste Version
“Was ist heute Abend?”, fragte Fine.
“Christoph will angrillen”, meinte Katha. “Ich fahre später hin.”
„Das ist wirklich schön, dass du hingehst und etwas Zeit mit Christoph und seiner Familie verbringst. Da freut er sich sicherlich“, betonte Fine.
„Ja“, entgegnete Katha.
“Ich bin echt froh, dich zu haben”, sagte Fine. “Ich weiß nicht, was ich diese Woche ohne dich gemacht hätte.”
“Ich bin auch erfreut, deine Freundin zu sein”, sagte Katha.
Version mit Lektoratsanmerkungen
“Was ist heute Abend?”, fragte Fine.
“Christoph will angrillen”, meinte Katha. “Ich fahre später hin.” (falsches Inquit-Verb, kein Konflikt)
„Das ist wirklich schön, dass du hingehst und etwas Zeit mit Christoph und seiner Familie verbringst“, betonte Fine. (überflüssiger Inquit und viel zu langer, unnatürlicher Satz)
„Ja“, entgegnete Katha. (komplett überflüssig, treibt die Handlung nicht voran & gibt keine neuen Infos)
“Ich bin echt froh, dich zu haben”, sagte Fine. “Ich weiß nicht, was ich diese Woche ohne dich gemacht hätte.” (Keine Pausen im Gespräch, der Themenwechsel liest sich abrupt und ohne Kontext)
“Ich bin auch erfreut, deine Freundin zu sein”, sagte Katha. (viel zu formell, inkonsistent, da Katha zuvor sehr viel lockerer gesprochen hat und hölzern, da Mimik und Gestik der Figuren außer Acht gelassen werden)
Überarbeitete Version
“Was ist heute Abend?”, fragte Fine.
Katha nippte am Tee und pustete die Antwort noch ein Weilchen weiter weg, doch Fines Blick klebte an ihr wie Ahornsirup. (Charakterisierung der beiden Figuren, eine vermeidet die Frage der anderen, doch die andere gibt nicht nach)
“Christoph will angrillen”, entgegnete sie schließlich. “Ich geh nicht hin.” (Konflikt, es wird eine Frage aufgeworfen)
“Meinetwegen?” Fine hob die Brauen. (Subtext & statt eines Inquits Beschreibung der Mimik für mehr Dynamik)
“Nein.”
Das Müsli knirschte, dann klirrte der Metalllöffel gegen die Schüsselwand. Katha nippte nochmal am Tee und selbst das leichte Schlürfen hallte unendlich laut durch den katerverhangenen Raum. (Sprechpause wird genutzt, um Atmosphäre zu schaffen)
“Ich bin echt froh, dich zu haben”, sagte Fine in die Stille. “Ich weiß nicht, was ich diese Woche ohne dich gemacht hätte.”
Diesmal stiehlt sich das Lächeln, zwar schüchtern, aber ganz ohne gebeten zu werden auf Kathas Lippen.
“Ich hab dich auch lieb.” (Charakterisierung, das Verhältnis zwischen den beiden Figuren wird gezeigt)
“Also.” Fine legte den Löffel mit einem Klacken auf den Tisch. “Lass uns nochmal über diese Einladung sprechen.” (Konflikt wird aufgegriffen, Handlung vorangetrieben)
Du siehst, mit etwas Übung kannst du aus flachen, langweiligen Dialogen spannende Interaktionen machen, die deine Handlung vorantreiben und/oder deinen Figuren Tiefe verleihen. Probiere es gern einmal an deinem eigenen Text aus und prüfe, wie viele der Aspekte dein Dialog enthält.
Fazit
Überzeugende Dialoge zu schreiben erfordert Übung und ein feines Gespür für Sprache und Charaktere. Studiere echte Gespräche, lerne deine Figuren gut kennen und nutze Konflikte sowie Subtext, um deine Dialoge spannender zu gestalten. Mit diesen Tipps wirst du Dialoge schreiben, die deine Leser*innen fesseln und deine Geschichten lebendig machen.
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Bereit, deine Dialoge aufzupolieren?
Dann bist du bei mir richtig. Egal, ob du nur eine zweite Meinung möchtest oder konkrete Problemstellen an deinem Text bearbeiten magst – gemeinsam holen wir das Beste aus deinen Dialogen heraus. In einem Teillektorat prüfe ich gern konkrete Dialoge auf Herz und Nieren und gebe dir umfangreiches Feedback zu Stärken und Verbesserungspotenzialen. Erzähle mir dazu in einer kurzen Nachricht von deinem Projekt, am besten gleich mit Leseprobe. Ich freue mich, von dir zu hören!


