Beitragsbild zum Blogbeitrag "Show, don't tell: Wie du die Schreibregel nutzt, um bessere Texte zu verfassen".

Show Don’t Tell: Die Schreibregel anhand praktischer Beispiele

Wenn du schreibst, ist dir der Ausdruck „Show, don’t tell“ sicherlich schon einmal begegnet. Auch im Lektorat benutze ich die Anmerkung so regelmäßig, dass sie im PDF meiner häufigsten Lektoratsbemerkungen enthalten ist. Richtig eingesetzt können dir sowohl „Show“ als auch „Tell“ helfen, deinen Text zum Leben zu erwecken. Doch was bedeutet „Show, don’t tell“ eigentlich? Und wie setzt du diese Technik effektiv ein? In diesem Artikel erfährst du, was bei den beiden Erzählweisen zu beachten ist und ich gebe dir konkrete Beispiele aus dem Lektoratsalltag.

  1. Was bedeuten „Show“ und „Tell“?
  2. Was bedeutet „Show, don’t tell“?
  3. Warum ist „Show, don’t tell“ wichtig?
  4. Wie du „Show, don’t tell“ effektiv anwendest
  5. Wann du „Show, don’t tell“ nicht anwenden solltest
  6. Wie du deinen Text auf „Show“ und „Tell“ prüfen kannst

Was bedeuten „Show“ und „Tell“?

„Show“ und „Tell“ sind zwei unterschiedliche Erzähltechniken.

Wenn du „Show“ nutzt, stellst du Ereignisse, Emotionen und Eigenschaften durch treffende Beschreibungen dar. Du zeigst deinen Leser*innen anhand von Sinneseindrücken, Mimik, Gestik und Dialog, was passiert.

Beim Tell“ hingegen benennst du Informationen direkt, ohne detaillierte Beschreibungen. Ein ganz klassisches Beispiel für in der Tell-Form erzählte Geschichten sind Märchen.

Während „Show“ tiefer in die Szene eintaucht und die Vorstellungskraft deiner Leser*innen anregt, liefert „Tell“ klare und prägnante Informationen.

Was bedeutet „Show, don’t tell“?

„Show, don’t tell“ ist eine Schreibtechnik, die darauf abzielt, Leser*innen vollständig in die Geschichte einzutauchen zu lassen, sie erleben zu lassen, was passiert (Show), anstatt es ihnen nur zu erzählen (Tell). Dadurch, dass die Erzähltechnik „Show“ gezielt in Schlüsselmomenten eingesetzt wird, bauen Leser*innen eine tiefere Verbindung zu deiner Geschichte und den Charakteren auf.

Anstelle zum Beispiel zu schreiben „Sie war wütend“, könntest du zeigen, wie sie die Fäuste ballt, die Kiefer aufeinanderpresst oder wie sie laut wird.

Dieses kleine Beispiel gibt schon einen Eindruck davon, wie „Show, don’t tell“ wirkt: Richtig angewendet macht den Text lebendiger und emotionaler. So können deine Leser*innen mitfiebern und tiefer in die Atmosphäre deiner Geschichte eintauchen.

Warum ist „Show, don’t tell“ wichtig?

1. Mehr Emotionen

Durch nachvollziehbare Beschreibungen können Leser*innen die Emotionen der Charaktere besser nachempfinden. Dies führt zu einer tieferen Verbindung mit der Geschichte und den Figuren.

2. Bessere Vorstellungskraft

Leser*innen lieben es, in Geschichten einzutauchen und sich die Szenen vorzustellen. Nicht umsonst ist einer der zentralen Aspekte, auf die Lektor*innen achten, das Kopfkino. Indem du zeigst anstatt zu erzählen, gibst du deinen Leser*innen die Möglichkeit, ihre eigene Vorstellungskraft zu nutzen und die Geschichte visuell zu erleben.

3. Höhere Authentizität

Texte, die „Show, don’t tell“ nutzen, wirken authentischer und glaubwürdiger. Leser*innen können die Realität der beschriebenen Szenen spüren, was die Glaubwürdigkeit des Textes erhöht.

Wie du „Show, don’t tell“ effektiv anwendest

1. Gehe auf die fünf Sinne ein

Beschreibe, was die Charaktere sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen. Weckt das Parfüm der Frau im Zug Erinnerungen? Wird die Brust deines Charakters eng, wenn er Kinder lachen hört? Wonach schmecken die Lippen beim ersten Kuss deiner Love Interests? Details wie diese lassen dein Szenen lebendig werden.

Zum Beispiel könntest du statt „Das Essen war lecker“ Folgendes schreiben: „Der Duft von frisch gebackenem Brot und geschmolzenem Käse stieg ihr in die Nase, als sie in das knusprige Sandwich biss.“

2. Nutze Dialoge

Dialoge sind eine großartige Möglichkeit, um Charaktereigenschaften und Emotionen zu zeigen. Sieht dein Charakter seinem Gegenüber direkt in die Augen oder vermeidet er Blickkontakt? Spricht er leise oder laut, überschlagen sich seine Worte oder gibt er sie nur langsam und bedacht von sich? Stottert dein Charakter, spricht er mit einem Akzent oder Dialekt?
Die Art, wie jemand etwas sagt, kann viel über die Person und ihr Innenleben preis und die Interaktion mit anderen Charakteren macht deine Szene direkt dynamischer.

Zum Beispiel kannst du anstelle des Satzes „Sie war verärgert“ diesen Dialog einfügen:
„Warum hast du das getan?“ Ihre Stimme zitterte und ihre Augen funkelten gefährlich.

3. Zeige Handlungen

Die Handlungen der Charaktere können viel über ihre Gefühle und Gedanken verraten. Beschreibe, wie sie sich bewegen, welche Gesten sie nutzen und welche Körperhaltung sie einnehmen.

Statt „Er war nervös“ könntest du beispielsweise schreiben: „Seine Hände zitterten, als er das Glas zum Mund führte.“

4. Vermeide Adjektive und Adverben

Vermeide es, zu viele Adjektive und Adverben zu verwenden, die direkt Gefühle oder Eigenschaften beschreiben. Setze stattdessen auf konkrete, anschauliche Beschreibungen und treffende Verben.

Statt „Er ging schnell“ könntest du zum Beispiel schreiben: „Er stürmte durch die Tür, ohne sich umzusehen. Seine Schritte hallten laut auf dem harten Boden wider.“

5. Vermeide Dopplungen

Entgegen allem, was ich zuvor geschrieben habe, kommt es auch beim „Show“ auf die Menge an – die Dosis macht schließlich das Gift. Es gibt sicher hundert verschiedene Arten, um zu zeigen, dass ein Charakter nervös ist. Da passiert es schnell, dass du dich in Beschreibungen verlierst. Dabei genügt oft ein einzelner Ausdruck, um deiner Szene Leben einzuhauchen.

Sieh dir zum Beispiel diese Beschreibung an: „Sie kaute auf ihrer Unterlippe und hielt den Blick gesenkt. Sie wagte es nicht, ihn anzusehen.“ Der gesenkte Blick der Figur verrät bereits, dass sie ihr Gegenüber nicht ansieht. Deshalb ist die zweite Beschreibung überflüssig.

Wann du „Show, don’t tell“ nicht anwenden solltest

Obwohl „Show, don’t tell“ eine wichtige Erzählart ist, gibt es Situationen, in denen es sinnvoller ist, direkt zu berichten. Dies gilt insbesondere für weniger wichtige Details oder Hintergrundinformationen, die die Handlung nicht direkt vorantreiben. Wenn jede Kleinigkeit ausführlich beschrieben wird, kann dies den Lesefluss unterbrechen und die Geschichte unnötig in die Länge ziehen. Eine gute Balance zu finden bedeutet, zwischen ausführlichen Beschreibungen und prägnanten Erklärungen zu wechseln.

Setze „Show“ gezielt ein, um Schlüsselmomente zu intensivieren und die Tiefe deiner Charaktere zu zeigen, während du mit „Tell“ unwichtige Informationen kurz und klar kommunizierst. Dies hilft, den Lesefluss aufrechtzuerhalten und die Aufmerksamkeit der Leser*innen auf das Wesentliche zu lenken.

Wie du deinen Text auf „Show“ und „Tell“ prüfen kannst

Um sicherzustellen, dass dein Text ausreichend „Show“ enthält, kannst du eine systematische Überprüfung vornehmen. Lies deinen Text Absatz für Absatz und achte besonders auf Stellen, an denen du Gefühle, Eigenschaften oder Situationen direkt benennst. Hinterfrage, ob diese Informationen durch konkrete Beschreibungen, Handlungen oder Dialoge anschaulicher dargestellt werden könnten. Besonders hilfreich ist es, gezielt nach Adjektiven und Adverbien zu suchen, die oft auf „Tell“ hinweisen, und diese durch treffende Verben zu ersetzen.

Zudem kannst du Szene für Szene darauf prüfen, ob du alle Sinne bedienst. Wir Menschen nehmen viel über das Sehen wahr, aber manche Eindrücke lassen sich anhand anderer Sinneserfahrungen besser wiedergeben. Je vielfältigere Sinne deine Beschreibung einbindet, desto lebendiger wirken deine Szenen. Frage dich also:

  • Was nimmt die Figur wahr? (sehen, riechen, fühlen, hören, schmecken)
  • Wie reagiert sie darauf?

Manchmal hilft es, sich körperlich in die Figur hineinzuversetzen. Ich stehe dazu durchaus ab und zu vom Schreibtisch auf, um eine bestimmte Position einzunehmen oder probiere beim Lesen verschiedene Gesichtsausdrücke aus, um herauszufinden, welcher am besten zur Situation passt.

Zusätzlich kannst du eine zweite Meinung einholen: Lass deinen Text von jemand anderem lesen und frage gezielt nach Feedback dazu, ob die Szenen lebendig wirken. So stellst du sicher, dass dein Text ein gutes Gleichgewicht zwischen „Show“ und „Tell“ erreicht und für Leser*innen fesselnd bleibt.

„Show, don’t tell“ – eine wichtige Grundlage für lebendige Texte

Die Schreibregel „Show, don’t tell“ kann deine Texte erheblich verbessern, indem sie sie lebendiger, emotionaler und authentischer macht. Durch das Einbeziehen aller Sinne, realer Dialoge und beschreibender Handlungen kannst du deine Leser*innen tiefer in deine Geschichte ziehen und ihnen ein unvergessliches Leseerlebnis bieten. Probiere es aus und finde heraus, wie ausdrucksstark deine Texte werden können!


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Annalena Rauh am Schreibtisch, lächelt in die Kamera, im Hintergrund der Arbeitsplatz mit Laptop und Pflanzen.
© Annalena Rauh, 2024